Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung
Es kann jeden treffen. Ein Verkehrsunfall oder eine schwere Krankheit – mit einem Mal ist man auf andere angewiesen. Den Altag bewältigen, das ist nur die eine Seite: Wer trifft Entscheidungen für mich, wenn ich dazu selbst nicht mehr in der Lage bin? Wer regelt meine Bankangelegenheiten und klärt das Erforderliche mit der Krankenkasse und Versicherungen? Wer bestimmt, wie ich im Krankheitsfall behandelt werde? Wo werde ich leben, wenn ich in meinem Haushalt nicht mehr ausreichend versorgt werden kann? Wer entscheidet für mich?
Schwierige Fragen, mit denen Sie sich rechtzeitig befassen sollten. Doch was ist zu tun? Sicher haben Sie schon einmal etwas von einer Vorsorgevollmacht gehört. Auch von Betreuungsverfügung ist in Zeitungen häufiger die Rede und Ihr Arzt hat Sie schon einmal auf eine Patientenverfügung angesprochen. Aber was steckt dahinter? Reicht es im Internet zu recherchieren und einen Vordruck zu unterschreiben oder benötigen Sie eine individuelle Lösung. Sprechen Sie uns an. Wir helfen Ihnen gerne und formulieren im Anschluss an die Beratung eine passgenaue Urkunde nach Ihren Vorstellungen und Ihrem Bedarf.
Ohne Vorsorge
Wenn Sie keine Vorsorge getroffen haben und aufgrund einer körperlichen oder geistigen Beeinträchtigung Ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst wahrnehmen können, dann handelt Vater Staat. Denn selbst Ihr Ehepartner oder nahe Verwandte haben nicht das Recht, stellvertretend für Sie zu handeln oder zu entscheiden. Das Betreuungsgericht als Unterabteilung des örtlichen Amtsgerichts bestellt vielmehr für Sie einen Betreuer. Wer Betreuer wird, bestimmt das Gericht. Auf die Vorschläge des Betroffenen oder seiner Angehörigen muss es zwar eingehen, ist daran aber nicht zwingend gebunden. Vielen Menschen ist der Gedanke, dass ein Fremder ihre wichtigsten und intimsten Angelegenheiten regeln könnte, nur schwer erträglich. Das Gesetz trägt dem Rechnung und bestimmt, dass eine Betreuung entfällt, wenn in in guten Zeiten in Form einer Vollmacht vorgesorgt wurde.
Was ist eine Vorsorgevollmacht?
Eine Vorsorgevollmacht ist eine Generalvollmacht für alle vermögensrechtlichen und persönlichen Angelegenheiten, bei denen eine Stellvertretung gesetzlich zulässig ist. Sie wird für den jeweiligen Einzelfall angepasst. Vermögensrechtliche Angelegenheiten sind z.B. alle Bankgeschäfte, Immobilienangelegenheiten, Versicherungsfragen, oder die Beantragung von Leistungen bei der Kranken- oder Pflegeversicherung. Im Prinzip geht hier mit einer notariellen Vollmacht alles außer bei höchst persönlichen Rechtsgeschäften, z. B. der Errichtung eines Testaments oder einer Adoption. Persönliche Angelegenheiten betreffen das Lebensumfeld direkt: Eigene Wohnung oder Heim? Bettgitter, Bauchgurt oder Medikamente, welche die Freiheit einschränken? Operieren oder nicht? Wer darf die Krankenakte einsehen und vom Arzt Auskunft verlangen? Wer entscheidet, dass ich in eine Spezialklinik verlegt werde?
Wen soll ich bevollmächtigen?
Eine Vollmacht ist Vertrauenssache. Bevor man jemandem eine Vollmacht erteilt, muss man sehr sorgfältig prüfen, ob er überhaupt für diese Aufgabe in Frage kommt. Es ist ratsam, nur engste Verwandte oder Freunde zu bevollmächtigen, die diese Aufgabe auch gerne übernehmen. Wichtig ist, dass ein Bevollmächtigter aufgrund seines Gesundheitszustands und Alters in der Lage ist, auch in ferner Zukunft – oft erst nach einem Jahrzehnt – für den Vollmachtgeber zu handeln. Jüngere Verwandte oder Freunde sind daher in der Regel gleichaltrigen oder älteren vorzuziehen. Als wichtige Eigenschaft braucht der Bevollmächtigte Durchsetzungskraft, damit er die Interessen und Wünsche des Vollmachtgebers wirkungsvoll vertreten kann. Je nach Vermögen ist auch entsprechende Sachkenntnis erforderlich.
Wie gehe ich vor?
Erst einmal machen Sie sich Gedanken darüber, welche Vertrauensperson sie bevollmächtigen möchten. Anschließend führen Sie ein Gespräch, ob Bereitschaft besteht, die Aufgabe zu übernehmen. Danach machen Sie sich auf den Weg zu uns. Wir beraten Sie über den Inhalt der Vollmacht und formulieren eine allen Anforderungen entsprechende Urkunde, die Sie im Entwurf erhalten. Nach Durchsicht des Entwurfs und eventuellen Anpassungen beurkunden wir die Vorsorgevollmacht. Sie wird bei uns hinterlegt und im zentralen Vorsorgeregister bei der Bundesnotarkammer erfasst. Sie erhalten Ausfertigungen und Abschriften der Urkunde sowie eine ZVR-Card, die sie wie eine Bankkarte in der Geldbörse mit sich führen und welche die wichtigsten Daten zu Ihrer Vorsorge enthält.
Patientenverfügung
Das Wichtigste vorab: Mann sollte die Patientenverfügung immer mit einer Vorsorgevollmacht absichern. Nur so ist sichergestellt, dass der in der Patientenverfügung zum Ausdruck gebrachte Wille von dem Bevollmächtigten gegenüber den behandelten Ärzten – aber auch familienintern – durchgesetzt werden kann. Dies gilt auch heute noch, obwohl in 2009 ein Gesetz zur Patientenverfügung verabschiedet wurde, in dem die Mindestvoraussetzungen und die bindende Wirkung einer Patientenverfügung festgelegt wurden. Die Patientenverfügung bewegt sich im Bereich erlaubter Sterbehilfe. Ungültig ist in Deutschland der Wunsch nach aktiver Sterbehilfe, also die Forderung, den Tod aktiv herbeizuführen. Hierzu kann niemand verpflichtet werden. Zulässig ist dagegen die Anordnung einer passiven Sterbehilfe, also der Verzicht auf lebensverlängernde Maßnahmen bei Sterbenden oder Wachkoma-Patienten ohne Aussicht auf Heilung. Passive Sterbehilfe kann bedeuten, dass keine Beatmung, Dialyse, Ernährung und Flüssigkeitszufuhr mehr stattfindet und außer Schmerz- und Beruhigungsmitteln keine Medikamente mehr zugeführt werden. Auch der Wunsch nach indirekter Sterbehilfe kann in einer Patientenverfügung stehen. Damit akzeptiert der Patient eine bessere Schmerzbehandlung, die zu einer Verkürzung des Lebens führen kann, ohne dass die Lebensverkürzung Ziel der Behandlung ist.
Betreuungsverfügung
as gerichtliche Betreuungsverfahren lässt sich nicht nur im Wege einer Vorsorgevollmacht ausschliessen. Man kann es alternativ auch inhaltlich beeinflussen, nämlich durch eine Betreuungsverfügung. So kann dem Betreuungsgericht ein bestimmter Betreuer vorgeschlagen werden. Ferner können einem etwaigen Betreuer Vorgaben gemacht werden, z.B. in welcher Form Geld angelegt werden soll oder ob der Betreute die Pflege im eigenen Haushalt einer Heimunterbringung vorzieht.
Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung in bester Form
ie notarielle Form ist weder für die Vorsorgevollmacht noch für die Patientenverfügung ausdrücklich vorgeschrieben. Gerade bei der Vorsorgevollmacht erleben wir aber häufig hautnah die Grenzen der Schriftform. Nur mit einer notariellen Vollmacht können Grundstücksangelegenheiten geregelt werden. In Zeiten, in denen Pflegekosten hohe private Zuzahlungen erfordern, kann der Verkauf eines Hauses von elementarer Bedeutung sein. In diesen wichtigen Lebenssituationen steht man als Bevollmächtigter ohne notarielle Vollmacht im Regen. Eine Ergänzungsbetreuung beim Betreuungsgericht ist erforderlich. Das Gleiche gilt für die Aufnahme von Krediten, etwa um Zeiten bis zur Gewährung von Pflegegeldern zu überbrücken oder den Verkauf des Hauses abzuwenden. Darüber hinaus erkennen Banken und Versicherungen generell nur notarielle Vorsorgevollmachten an. Unternehmer kommen ohne notarielle Vollmacht nicht weiter. Insbesondere Gesellschafts- und Handelsregisterangelegenheiten funktionieren in der Regel nur mit notariellen Vollmachten.Schließlich muss der Bevollmächtigte seine Vollmacht nachweisen können. Eine notarielle Urkunde hat als öffentliche Urkunde einen besonderen Beweiswert. Das betrifft auch die Frage, ob der Vollmachtgeber bei der Errichtung der Vollmacht geschäftsfähig war und Bedeutung und Tragweite seiner Erklärungen erkennen konnte. Generell gilt: diejenigen, denen eine Vollmacht vorgelegt wird und von denen erwartet wird, dass sie die Vollmacht anerkennen, sind durch notarielle Dokumente wesentlich besser abgesichert. Deshalb fällt es ihnen auch leichter, eine notarielle Vorsorgevollmacht oder – als Arzt eine notarielle Patientenverfügung – anzuerkennen.
Unternehmervorsorge
Gerade für Unternehmer gehört die notarielle Vorsorgevollmacht zum Pflichtprogramm. Ihrer Verantwortung für die Unternehmenskontinuität werden Sie nur gerecht, wenn Sie die bestmögliche Vorsorge für Unfall und Krankheit getroffen haben. Sie müssen sich frühzeitig überlegen, wer in dieser Situation die Entscheidungen trifft. Es sollte auch geklärt sein, wer ihm dabei zur Seite steht, etwa im Bereich steuerlicher oder betriebswirtschaftlicher Fragen. Gesellschafterbeschlüsse müssen gefasst, Geschäftsführer berufen oder Prokura erteilt werden. Bank- und andere Geschäftsangelegenheiten sind verbindlich zu regeln. Auch ein Unternehmensverkauf ist ohne notarielle Vorsorgevollmacht sehr schwierig. Dann ist das Betreuungsgericht von Beginn bis Ende mit einzubeziehen. Ohne gerichtliche Genehmigung geht nichts und hierfür ist mindestens ein Verkehrswertgutachten mit den einhergehenden zeitlichen und finanziellen Belastungen erforderlich.
Schutz vor Risiken
Gegen den Missbrauch einer Vorsorgevollmacht kann man sich schützen. So ist es außerordentlich wichtig, eine Bereicherung des Bevollmächtigten durch das Abräumen von Konten oder den Verkauf von Aktien oder Immobilien zu verhindern. Selbstverständlich kommt es dabei zunächst auf die Wahl des richtigen Bevollmächtigten an. Aber auch der wasserdichte Inhalt der Vollmacht ist wichtig. Notarielle Vollmachten sind ausserdem auf der Papierebene kontrollierbar. Nur derjenige, der die auf ihn lautende Ausfertigung vorlegen kann, ist auch berechtigt. Durch eine zweckmäßige Hinterlegung der Ausfertigung kann Unheil vermieden werden. Schützen kann man sich auch durch die Einsetzung eines Kontrollbevollmächtigten.
Anweisungen für den Todesfall
Wünsche zur Gestaltung eines Begräbnisses gehören nicht in ein Testament. Bis zur Eröffnung eines Testaments können mehrere Wochen vergehen. Dann ist es kaum mehr möglich, die Bestattungswünsche zu erfüllen. Sie können besser in einer gesonderten Vereinbarung zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigtem geregelt werden. In die Vorsorgevollmacht ist aufzunehmen, wer die Bestattung veranlassen soll.
Registrierung
Wir registrieren Ihre Vorsorgevollmacht im zentralen Vorsorgeregister bei der Bundesnotarkammer in Berlin. Dadurch stellen wir sicher, dass ein Betreuungsgericht nicht „aus Versehen“ einen Betreuer für Sie bestellt. Das Betreuungsgericht prüft durch elektronische Abfrage des Vorsorgeregisters zu Beginn jedes Verfahrens, ob eine Vorsorgevollmacht für einen betreuungsbedürftigen Menschen dort registriert ist. Ergibt die Abfrage einen Treffer, dann führt dies im Ergebnis dazu, dass kein Betreuer bestellt wird.
Hier werden alle Fragen rund um die Registrierung dieser Dokumente beantwortet und weiterführende Hinweise gegeben: www.vorsorgeregister.de